Aufschieben wird oft von dem inneren Gedanken begleitet: „Das mach‘ ich doch lieber erst später. Im Moment fühl‘ ich mich so gar nicht danach!“ Und dann ist da diese typische unangenehme Gefühl im Bauch.
Gefühle: Sie sind nicht einfach dekoratives Beiwerk eines ansonsten gleichförmigen Lebensverlaufs, nette oder bisweilen auch hässliche Einfärbungen unseres Alltags. Gefühle sind wichtige Hinweisgeber auf das, was mit uns im Zusammenleben mit unserer Umwelt passiert, sozusagen die Kontrollanzeigen unserer Wahrnehmungsinstrumente. Sie haben ihren Ursprung im Kopf, und zwar nicht einfach als vage seelische Schwingungen, sondern als ganz konkret festzumachende physiologische, biologische Veränderungen, die den Körper auf bestimmte neue Aufgaben vorbereiten wollen. Nehmen wir z. B. das flaue Gefühl, das sich angesichts einer wichtigen aber höchst unangenehmen Aufgabe in der Magengrube ausbreitet.
Das Ganze beginnt im Zwischenhirn. Wenn unsere limbisches System alte Bedrohungslagen wieder neu auf sich zukommen sieht, sendet es ein Alarmsignal an die Nebenniere, die dann Stresshormone wie etwa Adrenalin und Cortisol freisetzt. Die beschleunigen unsere Atmung und lassen unser Herz schneller schlagen – alles, damit unsere Muskulatur besser durchblutet wird, was Sie aus gutem Gründe braucht: Die uralte Antwort auf Gefahren war immer Kämpfen oder Fliehen, und erst wenn das nicht mehr anders geht: Totstellen (Einfrieren).
Sogar die Nahrung, die wir bereits gegessen haben, wartet jetzt vergeblich darauf, verdaut zu werden. Da bewegt sich erst mal wenig. Das drückt im Magen, sorgt für leichte Übelkeit – das typische flaue Gefühl eben. Auch wenn sich der Verstand noch mit den unterschiedlichsten Bearbeitungs- oder Nichtbearbeitungsoptionen beschäftigt, hat sich der Körper schon auf den Gefahrenmodus umgestellt und signalisiert die fight-, flight- oder freeze-Bereitschaft über den Kommunikationskanal „Gefühl“ – unüberhörbar, aber durchaus missverständlich, weil unterschiedlich interpretierbar.
In der Tat haben wir es zunächst einmal nur mit einer automatischen Notfallschaltung zu tun. Die aber, und das ist das eigentlich Spannende, lässt durchaus die Option, auf eine neue, situationsgerechte, kreative, selbständige, „erwachsene“ Weise den weiteren Verlauf der Aktion zu bestimmen. Natürlich können wir uns von der Zahnarztangst weiter beeindrucken lassen und den Temin absagen, wir können auf den neuen Job verzichten oder das Date sausen lassen – also jede weitere aktive Aktion aufschieben und damit erst einmal das unangenehme Gefühl abstellen.
Wir können aber auch genau dieses flaue Gefühl als hilfreichen Indikator dafür nehmen, dass sich hier etwa sehr Wichtiges bemerkbar macht, dem wir mit Respekt, aber auch mit Neugier oder gar einem Anflug von freudige Erwartung begegnen können.