Prokrastination und Bewegung

„Komm endlich mit dem A*** hoch!“

Wer jemals eine solche Aufforderung als ultimatives Anti-Prokrastinations-Mittel verabreicht bekam, war überzeugt, mit seiner Empörung Recht zu haben. „Nicht in die Pötte“ zu kommen, durfte bislang als abwertende und beleidigende Unterstellung an dem immer dicker werdenden Fell eines „Prokrastinierers“ abprallen. Wusste sie oder er doch aus leidvoller Erfahrung, dass zwischen Wollen und Tun meist ein sehr verschlungener und nicht leicht zu beherrschender Entscheidungsprozess liegt, der mit „allmählich mal in die Gänge kommen, aber mal plötzlich!“ nur sehr unzulänglich beschrieben wird.

Trotzdem wollen wir den Aspekt der Bewegung nicht ganz aus dem Auge verlieren. Liegen doch zwischen dem planenden Kopf und den exekutiven Beinen noch weitere wichtige Akteure – außer dem Allerwertesten -, die es lohnt, aus der Deckung zu holen.

Erstarrung

Prokrastination erweist sich immer wieder als eine geistige und emotionale Erstarrung, die sich gerne auch unter dem Diktat einer körperlich hinterlegten Programmierung/Automatisierung ausdrückt. Prokrastination ist dann als Zwangs(NICHT)handlung in der Gewöhnung an eine Nicht- oder Falsch-Bewegung eingefangen und im Wortsinne ver“körper“t. Ein solches, zunächst von der Vernunft nicht steuerbares Verhalten („Ich will es doch eigentlich, aber es geht einfach nicht!“) lässt sich nicht immer einfach wegreden. Es kann aber Gegenstand einer speziellen körperbezogenen Therapieform werden, bei der die Verbindung zur betreffenden, unflexibel gewordenen Bewegung (vergleichbar mit einer eingefrorenen Weiche) gesucht und aufgenommen und therapeutisch, im Sinne von blockierungsauflösend, nutzbar gemacht wird.

Entkopplung

Interessante Erfahrungen hierzu werden derzeit mit einem als „Entkopplung“ bezeichneten Verfahren gemacht, das von einer Forschungsgruppe der Uniklinik Hamburg Eppendorf im Rahmen einer Studie zur Behandlung von Tics und Zwangshandlungen entwickelt wurde, und das auch im Rahmen von pro-cras in dafür geeigneten Fällen bereits erfolgreich zur Anwendung gebracht werden konnte: Wenn wir merken, dass der Weg zum Aufschieben über einen bestimmten, meist genau identifizierbaren und reproduzierbaren Bewegungsablauf führt, werden wir darauf das besondere Augenmerk richten, um die beteiligten Erwartungs-, Bewegungs- und Handlungsautomatismen von einander zu lösen. Was wir bislang pauschal als „Gewohnheit“ etikettierten, erweist sich dann bei solch neu motiviertem Hinsehen als ein beinahe mechanisch fortschreitender Verlauf von isolierbaren Einzelabläufen und -Anstößen, die die Betroffenen bei dieser Gelegenheit oft zum ersten Male in ihrer sequenziell-mechanischen Zwangsläufigkeit wahrnehmen – und ab jetzt auch unterbrechen und steuern können, sobald erst die festgefrorene Weiche gefunden und wieder aufgetaut ist.

Mehr Informationen hierzu: fix: 0211 9991656, mobil: 01520 9887966