Wer hat Schuld an der Ablenkung?

In den Sog der Aufschieberei gerät man nicht selten, wenn wichtige Zeitkontingente geopfert werden, die dann für das Wichtige, Eigentliche nicht mehr zur Verfügung stehen. Ist es die eigene Ablenkbarkeit, die solches zulässt, und wie gehen wir damit um?

Wer früher etwas anzubieten oder mitzuteilen hatte, ging davon aus, dass die dafür nötige Aufmerksamkeit schwer zu erreichen sein. Also wurde viel Geld und Geist in die Hand genommen, um die natürlichen Abwehrmechanismen einer gesunden Konzentration außer Kraft zu setzen – mit Erfolg. Inzwischen haben die ausgefeiltesten Aufmerksamkeits-Erzwinger ungehinderten Zugang in unsere abgesichertsten und abgeschottendsten Rückzugsräume.

Algorithmenrechner und Wahrnehmungsforscher, App-Designer und Akustiker, Marketingspezialisten in Politik, Wirtschaft und allen sozialen Medien haben uns am Wickel: Wir sind im Trommelfeuer der Aufmerksamkeits- und Ablenkungsindustrie. Erstaunt es also, dass wir da oft nicht widerstehen können? Wo wir doch permanent in einem profitablen Zustand der Neugier, der Haben- und Wissen-Geilheit, des Neid, der Fear of missing-out,  und der Zerstreuung gehalten werden. Und wir wollen trotzdem einen freien Raum für uns retten, in dem wir das tun können, was im Moment wirklich wichtig für uns ist – nur für uns? Dann müssen wir darum kämpfen, er wird uns nicht freiwillig überlassen. Wie kann das gehen?

Zum Glück gibt es immer nur ein paar typische Einfallsstore, durch die die Aufmerksamkeits-Ökonomie ihre Invasion startet. Wir kennen sie, und hier können wir ansetzen, hier liegt unsere einzige Chance: diese Einfallstore identifizieren, sichern, privilegiert bewachen. Manchmal sind es die großen Burgtore, die Schlupflöcher bieten, manchmal geheime Tapetentüren, die wir selber nicht kannte. Weil wir längst betriebsblind geworden sind. Aber wir können uns die Macht wieder zurückholen.

Mach den Sicherheits-Check, sichere Dich ganz bewusst ab gegen die Raubzüge der Aufmerksamkeits-Ökonomie. Dein Zeit-Konto wird es Dir danken.