Prokrastinations-Scham

Tabu-Falle 1: Prokrastination

In einer auf Zielerfüllung und Effizienz ausgerichteten Welt ist Zögerlichkeit, Aufschieben, „Prokrastinieren“ ein besonders gefürchtetes Tabu, eine „Schwäche“, für die  jeder anfällig ist, und die dafür umso mehr gehasst und gnadenlos verurteilt wird. Und derer man sich schämt, wenn es einem passiert.

Dann ist es gerade diese Scham, die einen geordneten, u.U. auch geführten Weg heraus aus der Prokrastination verhindert.

Tabu-Falle 2: die Prokrastinations-Scham

Wenn mit Ablauf der „Dead-line“ offenbar wird, dass etwas Wesentliches nicht erledigt wurde, ist der Stress groß, größer aber noch ist die Scham. Sie macht deutlich, wie sehr wir uns durch das Nicht-Erledigen in unserem Selbstverständnis und in unserem Selbstwert beschädigt haben. Scham ist das starke Gefühl, das dann wie ein lähmendes Gift genau solche Fähigkeiten außer Kraft setzt, die jetzt am wichtigsten wären: Klares Denken, Mut, Entschlusskraft.

Schuldgefühle, Wut oder sogar Verzweiflung als ihre häufigen Begleiterscheinungen machen den Umgang mit der Prokrastination nicht leichter. Sie zeigen aber auch, dass die subjektive Identität des Betroffenen bereits daran arbeitet, sich wieder aufzubauen. Ein erstes klares Signal für einen heilsamen Veränderungsprozess.

Selbstzerstörerische Resignation hingegen ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass schnelle und fachkundige Hilfe vonnöten ist, damit die Scham zusammen mit der auslösenden Prokrastination sich nicht in einer sich selbsterneuernden Endlosschleife verfestigen und ständig erneuern wird.