Wenn die Tasse längst voll ist

Eine alte Zen-Geschichte lässt den Meister die Tasse seines Schülers bis zum Rand befüllen und ihn dann ständig weiter gießen und den Tee überlaufen und verschütten.

So wird es augenscheinlich: Wenn man versäumt („prokrastiniert“), die Tasse zu leeren und Platz zu schaffen, ist bald kein Zuwachs und auch keine Erneuerung mehr möglich, und jeder weitere Versuch geht am Wesentlichen vorbei.

Mit solchem Vor-Sich-Herschieben blockiert man den Raum für jede weitere Entwicklung, zwingt dazu, sich ohne Ende mit dem Alten zu beschäftigen, das man hierzu und bis zu seiner abschließenden Bearbeitung aufbewahren und mit all seinen Konsequenzen verwalten muss. Solches materielles (zB. Angeschafftes) und immaterielles (zB. Nichterledigtes) „Horten“ ist inzwischen im ICD-11 gelistet und als pathologisch erkannt und z.B. dem Formenkreis der Zwangsstärungen zugeordnet worden. Eine solche Bewertung sollte in Teilen auch der Prokrastination zukommen, jedocb ist daraus (noch) keine Behandlungsübernahme durch die GKV abzuleiten. Für Behandler wie Betroffene ist die thematische Nähe allerdings unverkennbar und insofern auch für die Behandlungsmethodik nützlich.