Verträge mit sich selbst – brechen?

Manche Prokrastinations-Ratgeber empfehlen, die Erledigung einer bisher aufgeschobenen Aufgabe mit etwas zu belohnen, das man sich sonst nicht gegönnt hätte. Also einen Vertrag mit sich selbst abzuschließen: Wenn das getan ist, dann… . Eine, wie ich finde, nicht unproblematische Vorgehensweise, da ja der Vertragsbruch, zumindest für den am meisten gefährdeten, harten Prokrastinierer, vorprogrammiert ist, haben wir doch hier das typische Bild eines Interessenkonflikts vor uns: Ein Teil von uns will etwas erledigen, ein anderer lehnt dies ab.

Für Rechtsgeschäfte ist solchem „Selbstkontrahieren“ vom Gesetzgeber (§ 181 BGB) ein Riegel vorgeschoben worden, weil davon ausgegangen wird, dass in einem Insichgeschäft einem der beiden Kontrahenten ein Nachteil droht. Braucht sich also auch der Prokrastinierer auf eine solche vertragsähnliche Bindung gar nicht erst einzulassen? Schließlich werden doch die Argumente der aufschiebenden Seite nicht wahrgenommen!

Natürlich sind die allgemeinen Rechtsvorschriften für Selbstverpflichtungen mit sich selbst nicht zuständig, sie können aber interessante Aspekte und Parallelen zeigen – so auch hier, denn das Gesetz kann bestimmte Insichgeschäfte durchaus auch gestatten (§ 181 Hs.2), wenn nämlich das Rechtsgeschäft lediglich der Erfüllung einer Verbindlichkeit dient. Durch die Erfüllung droht dem selbstkontrahierenden Prokrastinierer keine zusätzliche Gefahr, da es lediglich um den Vollzug dessen geht, was bereits als Verbindlichkeit anerkannt und beschlossen ist. Das ist aber die Voraussetzung: Die Verbindlichkeit muss tatsächlich bestehen.

Übertragen auf den Fall des Prokrastinierers bedeutet das: Es muss Klarheit darüber bestehen, dass die (bislang aufgeschobene) Erledigung unanfechtbar notwendig ist, also eine tatsächliche Verbindlichkeit darstellt. Falls Zweifel an der Akzeptanz dieser Verbindlichkeit bestehen, und ob ein eventuell auftauchender Interessenskonflikt wirklich substanziell ist, kann der LEZGO!-Prozess ziemlich eindeutig zu Tage fördern. In aller Regel wird sich dadurch erweisen, dass ein Nachteil für einen der inneren Kontrahenten nicht wirklich besteht, woraus dann auch die bereitwillige Erledigung der Aufgabe ungestört erfolgen kann – so wie auch auf der juristischen Seite das Verbot der Insichgeschäfte keine Anwendung findet, wenn sich das Rechtsgeschäft für die Kontrahenten neutral bis vorteilhaft auswirkt.

Pacta sunt servanda

Dass Verträge einzuhalten sind, stellt ein grundlegendes Rechtsprinzip dar. Das gilt auch für Verträge mit sich selbst. Verhandelt wird vorher, nach der vertraglichen Übereinkunft gilt die darin bezeichnete Verpflichtung. Wenn tatsächlich Nachverhandlungen nötig erscheinen, zeigt dies, dass das Grundgeschäft nicht klar und das Kleingedruckte nicht ausführlich genug gelesen ist. Deswegen empfiehlt es sich, für ein Selbst-Commitment sich klare Regeln vorzugeben, ober am besten ganz darauf zu verzichten, und die Erledigung (gegebenenfalls nach entsprechender Vorprüfung und durchlaufenem LEZGO!-Prozess) entschlossen vorzunehmen. Nachverhandlungen mit sich selber sind möglichst zu vermeiden, da sie allzu leicht an die Prinzipien von Treu und Glauben, auch gegenüber sich selber, rühren.