Sind Männer gefährdeter als Frauen?

Wenn auch die Praxis-Statistik zeigt, dass Frauen unter den Prokrastinations-Klienten die Mehrheit darstellen, so kann man daraus keine Aussagen über die Prävalenz dieser Störung ableiten. Belegen doch verschiedenen Studien, dass Frauen sich insgesamt anders um ihre Gesundheit bemühen: Sie ernähren sich gesünder und gehen häufiger zum Arzt, auch in eine psychologisch motivierte Behandlung, als Männer. Letztere holen sich oft erst dann professionellen Rat, wenn sie es nicht mehr anders aushalten. Das betrifft besonders solche Bereiche, die mit der psychischen, mentalen oder emotionalen Befindlichkeit zu tun haben.

Wir beobachten, dass Männer zwar in gleicher Weise aufschieben, dann aber die fachliche Hinterfragung dieses Verhaltens gleichfalls vor sich herschieben.

Dabei sind Männer, vor allem wenn sie beruflich sich in einer Einzelkämpferposition befinden sind, ganz besonders der Gefahr des Aufschiebens ausgesetzt. Komponenten wie Wettbewerb, Selbstdarstellung, Perfektionismus, aber auch ein unzureichend vermitteltes bzw. unterentwickeltes männliches Rollenverständnis führen oft zu einer fehlausgerichteten weil persönlichkeitsfernen Lebens- und Karrieregestaltung, gegen die sie mittels Prokrastination als unterschwelligem Sabotageprogramm inaktiv bleiben. Bei gleichzeitigem hohem Verantwortungsbewusstsein und einem eher starrköpfigen Durchhaltewillen führt das direkt in den Burnout oder, wenn die Selbstschutzmechanismen frühzeitig greifen, in die Arbeitsverweigerung und die Prokrastination.

Hier zeigt es sich, ob einem ausgeprägten Aufschiebeverhalten der Charakter einer Störung und gar Krankheit zuzuordnen ist, oder es nicht eher als Symptom verstanden werden will, das die Neuordnung bestimmter Bereiche der persönlichen Lebensführung beabsichtigt.