Online besser?

Ab jetzt Home-Office, und alles cool?

Einfach die Arbeit ganz privat und nach dem eigenen Tagesrhythmus einteilen, frei vom Zeitverlust durch Stau, Pendeln und lange Wege? Schön wär’s. Die Realität ist: Wir haben nicht etwa Urlaub auf Balkonia, sondern – so jedenfalls meine Wahrnehmung – jetzt noch mehr zu tun als vorher, und noch chaotischer. Die scheinbar geschenkte Zeit wird um ein vielfaches mehr verbraucht durch neue, ungewohnte Arbeitsmittel, -organisationen, -abläufe, -umgebungen, und durch einen extensiven Neuumgang mit der Zeit. Das Mitteilungsbedürfnis eines jeden Einzelnen ist extrem gestiegen. Alte Kontakte werden neu belebt, Erfahrungen und Emotionen wollen sich mitteilen. Kommunikativer ist häufiger und breiter (nicht immer auch tiefer). Alte Projekte drängen wieder an die Oberfläche, die früher aus Zeitgründen vertagt wurden. Und alles gleichzeitig: Zeitlücken sind schwer auszuhalten, und jetzt geht es ja.

So werden die To-Do-Listen eher länger als kürzer.

Geregelte Arbeit ist jetzt ausgetauscht gegen viel Improvisation und durch ungeregelte Problemlösungsaktivitäten ersetzt. Und so mussen wir verstärkt schauen, wie wir das Regelmäßige und das außerordentlich Notwendige auf die Reihe bringen. Mehr denn je müssen wir uns bewusst machen, dass das Aufgeschobene eben nicht aufgehoben, also weg ist. Es ist nur woanders, nämlich auf einer anderen Seite unserer immer länger werdenden To-Do-Liste. Zur überall telemedial verordneten „Fremdbespaßung“ bleibt eigentlich überhaupt keine Zeit, und strikte und konsequente Arbeitsmethodik ist einmal mehr in diesen ver-rückten Zeiten angesagt.