I can’t get no satisfaction

 

Oder: Was uns Marshmallows zu erzählen haben

Man wird immer versuchen, die Dinge so zu tun, dass sie einen „befriedigen“. Auch ein aufschiebendes Erstmal-nicht-tun kann zu einem kurzen Moment der befriedigenden Entspannung und Erleichterung werden: Prokrastination schafft ein trügerisches Gefühl von „Frieden“, gerade weil nichts geschehen musste, was zuvor mit heftigen Widerständen verbunden war. Aber bedeutet diese Be-Friedigung auch satisfaction?

Sicher nicht: Mit einem zeitweiligen Aufschieben kann es keine satisfaction geben – das Wort alleine ist schon dagegen: ’satis‘ ist im Lateinischen das Wort für ‚genug‘, ‚facere‘ meint ‚tun, machen‘. Aufschieben ist gerade das Gegenteil davon: Was da getan wird ist eben nicht genug. Deswegen verschafft Prokrastination zwar immer wieder kleine Befried(ig)ungen, aber nie die echte Genugtuung, die sich einstellt, wenn man sich trotz aller (auch innerer) Widerstände durchgerungen und der Aufgabe gestellt hat.

Prokrastination überwinden ist also immer ein Akt der Befreiung: Nicht mehr zwanghaft den kleinen, aber drängenden „Zuckerles“ hinterher laufen, sondern sich die große, bedeutende Belohnung abholen.

Hierin liegt letztlich auch die Kernaussage des Marshmallow-Experiments, das den langfristigen Unterschied zwischen mit dem kleinen aber schnellen Erfolg gegenüber dem lohnenderen, aber schwerer erhältlichen großen Ergebnis aufzeigt. Der Test von Mischel et al. aus dem Jahr 1989 zeigt, wie konsequent praktizierte Impulskontrolle sich positiv auf das Erreichen langfristiger Erfolgs-Ziele auswirkt, und wie dies jederzeit eingeübt werden kann. Die Kinder, die der schnellen Verführung durch ein sofortiges Marshmallos widerstehen konnten zugunsten von zweien nach einer quälend langen Wartezeit, erwiesen sich im späteren Leben als resilienter, ausdauernder und erfolgreicher. Vermutlich hatten sie ein unbewusst größeres Vertrauen in die Zukunft, und konnten daher zweifelsfreier sich dem Kampf gegen die Versuchungen widmen, indem sie beispelsweise Strategien entwickelten, das Objekt ihrer Begierde zweitweise ganz aus ihrem Wahrnehmungsbereich auszublenden.