Der Karl hat damit nix am Hut

Sein Bauch spannt ganz schön über dem Gürtel, die Hüfte knirscht ein bisschen, aber sonst fühlt er sich ganz gut, ein flotter Spruch über die Ärzte zeigt, dass er sich mit ihrem Metier scheinbar bestens auskennt. Als der Nachbar dann mit Blaulicht ins Krankenhaus mitgenommen wurde, hat es ein bisschen „klick“ gemacht. Seitdem schimpft die Ärztin über seine Blutzuckerwerte, und er über seine Ärztin.  So bleibt das Thema wenigstens lebendig. Seine Tochter schimpft auch, aber aus anderem Grund: Sie will, dass er ein Testament macht – „mit 84 wird es höchste Zeit“ – und er will nicht, dass Sie ihn drängt.  Natürlich begreift er, dass es wichtig wäre, aber es ist ihm zu kompliziert, und unangenehm obendrein.

Nicht immer ist alles in seiner Familie rund gelaufen, dem müsste er doch in seinem letzten Willen Ausdruck geben, aber wie? Ein heikles Thema, über das er jetzt nicht nachdenken kann. Er mag weder den Gedanken an den Tod, noch will er sich vorstellen, dass andere sich über seine Dinge hermachen werden. Sein Schwiegersohn liegt ihm auch schon in den Ohren – „Ausgerechnet der! Will doch nur seine eigenen Schäfchen ins Trockene bringen!“. Nein, das Testament muss warten.

Als die Tochter ihm einen Fachanwalt vorschlägt, fürchtet er, dass sie sich nur noch schlauer machen will als er. Und als der Steuerberater ihn darauf anspricht, steckt der mit den anderen „doch nur unter einer Decke“. So fängt er also an, selber etwas zu entwerfen, und wirft den Stift bald wieder hin: Dafür fühlt er sich nicht gemacht – den eigenen Abgang planen! Das ist doch jetzt wirklich nicht der Moment!

Wenn Karl so weitermacht, wird sich irgendwann ein Teil seiner Familie fürchterlich ärgern, und Vater Staat sich ins Fäustchen lachen. Wenn nämlich die aufgeschobene Zeit nicht mehr eingeholt werden kann.

Wie krieg ich das dem Karl nur beigebracht?