Auf morgen verschieben – und dann?

Zwei Szenarien sind nach dem Entschluss zum Aufschieben vorstellbar: Entweder die Situation hat sich bis „morgen“ so weit verbessert, dass das Aufgeschobene jetzt abgearbeitet werden kann, oder die Umstände sind mehr oder weniger gleich geblieben, und das Aufschieben bekommt ein neues „morgen“ zum Ziel. Dies kann beliebig oft so weiter geführt werden.

Heutiges Aufschieben sollte daher, wenn es Sinn machen soll, vorrangig dazu dienen, die auslösenden Umstände schnell und grundlegend zu verbessern. Was aber eigentlich nur dann passiert (und möglich ist), wenn genaue Kenntnis darüber gewonnen werden, über welches Defizit oder Hindernis der erste Anlauf gestolpert ist. In der Regel allerdings wird der durch das Aufschieben gewonnene Freiraum nicht dazu, sondern als eine Art „Freizeit“ verstanden und dann auch so verwendet.

Vielleicht steckt hinter dem Aufschieben aber auch die Befürchtung, dass die widrigen Umstände im  Projekt, die eine termingerechte Erledigung so erfolgreich verhinderten, unlösbar mit dem Projekt oder der eigenen Person ,oder dem gesamten Kontext verbunden sind. Daraus kann dann  die Überzeugung wachsen, dass es eine Fertigstellung des Projektes überhaupt gar nicht erst geben kann oder sollte. Auch diese Überzeugung in mehreren aufeinanderfolgenden „morgen“ reifen zu lassen könnte Teil des Aufschiebemodus werden.

Ein solches Projekt sollte daher schleunigst aus dem Prokrastinations-Modus heraus geholt und gänzlich neu überdacht werden – nötigenfalls bis hin zu seiner vollständigen Aufgabe.

Endloses Aufschieben ohne eine baldige mutige Entscheidung ist Verrat am Engagement und an der Zeit all derer, die sich in dieses Projekt in irgend einer Form investiert haben.