Chefsache

Über- oder Unterforderung, Mehrfachbelastungen, zu viel oder zu wenig Flexibilität, unklare Anweisungen und Kompetenzen, Arbeitsplatzunsicherheit, mangelndes Vertrauen, fehlende Anerkennung, emotionale und körperliche Erschöpfung … Die Liste der typischen Frustrationen am Arbeitsplatz ist lang.

Modernes Arbeitsleben zehrt an den Nerven und Kräften, an der seelischen und emotionalen Widerstandskraft. So wundert es nicht, dass sich die Seele der dermaßen Gebeutelten eigene Auswege sucht. Der Ausfallschritt in die Symptome von Stress, Prokrastination, Depression oder Burnout sind Hinweise darauf, dass wichtige Signale im Volldampf überfahren wurden.

Über persönliche Schwächen am Arbeitsplatz wird nicht gerne geredet, und auch Prokrastination wird selten ernst genommen. Dabei ist sie eine der letzten Bastionen, in denen der Mensch am Arbeitsplatz auf seine Weise selber bestimmt, was er tut. Wer hier genau hinschaut, erfährt sehr viel über sich und über die Umstände seiner beruflichen Tätigkeit. Die Prokrastination ist ein sensibler Vorindikator, zeigt sie doch an, wenn in der Unauffälligkeit des Nicht-Tun Arbeitsziele nicht angegangen oder frühzeitig aufgegeben werden, Mut und Energie für einen Abschluss nicht ausreichen, Ängstlichkeit sich in kräftezehrenden Perfektionismus verwandelt. Prokrastination ist wie ein Geigerzähler, der deutlich und dringlich das anzeigt, was zunächst gar nicht gezeigt werden will.

Prokrastination am Arbeitsplatz wahrzunehmen ist daher in doppelter Weise Teil der Führungsverantwortung: gegenüber dem Mitarbeiter als Mensch, und zur Wahrung der betrieblichen Funktionen.

Innerbetriebliche Vorsorge- und Korrekturmaßnahmen gegen unerkannt wirkende Prokrastinations-Tendenzen sind nicht Ausdruck einer zu belächelnden Sozialromantik, sondern ein geschickt angesetzter Hebel zur Steigerung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit unter Wahrung der wertvoller fachlicher und personeller Kompetenzen im Unternehmen.

Coaching als modernes Führungs-Instrument

Jeder Mensch schiebt auf. Das ist nicht Sache des Charakters, sondern Teil des kontinuierlichen Entscheidungsprozesses, der durch den Alltag führt. Gute Personalführung erkennt, ob Projekte oder Einzelaufgaben unter Prokrastinations-Blockaden leiden (typische Symptome sind: die Stapel auf dem Schreibtisch werden größer, Nachfragen häufen sich, Termine können nicht eingehalten werden, der MA fährt nicht mehr in Urlaub), und sie ermöglicht dem MA bzw. dem Team, in einem vertraulichen Coaching Zugang zu den Ursachen dieses Verzögerungs- und Schutzverhaltens zu finden, um es dann überwinden zu können. Wir kennen einen zweifachen Blick auf das Aufschiebeverhalten: a) in Bezug auf den jeweiligen Grad der Betroffenheit – gelegentliches Aufschieben – Aufschieben als Gewohnheit, z.B. zur Selbststimulation – Prokrastination als Verhaltensmerkmal – Prokrastination als Zwangsstörung b) in Bezug auf seine Auswirkung innerhalb des Prozesses: – Blockade bereits im Denkansatz – als Angst vor dem leeren Blatt („horror vacui“), dem Start – als Ausdruck starker Ablenkbarkeit und eines schwachen Durchhaltevermögens – als ständige Gefahr von Projektabbruch und Neukonzeption – als Planlosigkeit, die den Projektabschluss nicht im Auge hat – in der Unmöglichkeit, das Projekt gedanklich und faktisch als abgeschlossen anzusehen.

Grundsätzlich gilt: Prokrastination tritt im Unternehmen vor allem auf, wenn persönliche und fachliche Kompetenzen an scheinbar unüberwindbare Grenzen stoßen, und die Motivation für eine außerordentliche Anstrengung nicht (mehr) ausreicht.

Prokrastination beruht auf fehlenden Kompetenzen, unüberwindbaren Überzeugungen, mangelhafter Motivation oder anderen grundlegenden Voreinstellungen, zu denen der Betroffene selber keinen Zutritt hat. Zeitliche Schlamperei kann vor dem Hintergrund zwingender betrieblicher Abläufe nicht geduldet werden, die Stelle wird also neu besetzt – eine menschlich und angesichts der fortschreitenden Fachkräfteverknappung keine wirklich vertretbare Lösung.

Prokrastination ist veränderbar!

Oft sind es nur wenige Stellschrauben, deren Neujustierung das ganze kreative Potenzial des Betroffenen wieder freisetzt. Hierfür bietet sich ein Prokrastinations-Coaching an, das mit seiner speziellen Ausrichtung auf diese Thematik rasch zu einer gezielten und nachhaltigen Klärung beim Betroffenen und in dem gegebenen Kontext führen kann.