Fight, flight, oder lieber freeze bis „morgen“ ?

Dass es zum typischen Verhaltensmuster von Lebewesen gehört, im Bedrohungsfalle sich kämpferisch zu wehren, das Heil in der Flucht zu suchen, oder, wenn beides nicht möglich ist, in Regungslosigkeit zu erstarren, wird immer wieder beobachtet. Es darf durchaus davon ausgegangen werden, dass Prokrastination, also der kaum zu überwindende Drang, eine wichtige Tätigkeit aufzunehmen, sie durchzuführen bzw. zum Abschluss zu bringen, als eine spezielle Form des „freeze“ zu betrachten ist.

Zunächst wird man wohl eher an Flucht denken: Flucht in die Ablenkung, in die Ersatzhandlung, in die Verweigerung. Beim genaueren Hinsehen, bzw.bei einer Fokussierung auf die anstehende Tätigkeit wird man aber feststellen, dass hier das Erstarren des Tätigkeitsablaufs im Vordergrund steht. Der Ablauf ist typischerweise stets derselbe: Das Vorhaben nimmt zunächst ganz normal seinen Lauf, bis ein Ereignis, eine Person, eine Sachlage eintritt, die mit starken Gefühlen einhergeht – Gefühlen, die man so nicht (wieder) erleben möchte. Anstatt nun an den Gefühlen oder ihrer Überwindung kämpferisch zu arbeiten, oder anstatt sie zu fliehen, indem man das heiße Eisen auf eine andere, unverfängliche Weise angeht, zieht man es vor, den bedrohlichen Vorgang (und seine eigene Rolle darin) auf unbestimmte Zeit einzufrieren. Prokrastinierend, das heißt aufschiebend geschieht jetzt nichts, vielleicht etwas in der Zukunft, aber alle Entscheidung hierüber ist erst einmal auf Eis gelegt. In der Politik kennen wir das bezeichnenderweise als „frozen conflicts“.