Komplexe Situationen machen Lust auf einfache Lösungen. Vor allem bei dem, der nicht die Systematik, den Zugang zu wichtigem Spezialwissen oder die nötige Geduld für sorgfältiges Abwägen aufbringt, wird versuchen, mit einer simplen aber durchschlagenden Lösung das Problem zu lösen. Klassisches Beispiel ist der Gordische Knoten. Kein geringerer als der große Alexander durchtrennte den von den Göttern geknüpften unlösbaren Knoten mit einem gezielten Schwerthieb und qualifizierte sich dadurch zum Herrscher über Asien. Eine einfache Lösung für ein komplexes System? Keineswegs. Denn die wirkliche Größe Alexanders wird erst nach dem Geniestreich gefordert: Die Unterwerfung und Beherrschung des von ihm eroberten Riesenreiches.
Prokrastination ist auf seine Weise ebenfalls ein kompliziertes, weil multifaktorielles Problem.
Wenn die „einfachen“ Ermunterungen und Vorsätze nicht funktioniert haben, wenn der Drang zum Aufschieben bei nächster Gelegenheit wieder da ist und stärker noch als vorher, dann wird auch hier klar:
Der scheinbar unüberwindbare Drang zum Aufschieben einer vorgenommenen Sache ist gar nicht das wirkliche Problem, sondern viel mehr ein vielfach verlinktes Symptom, das nur in einer vielschichtigen Entwicklungsarbeit so aufgelöst werden kann, dass es nicht an anderer Stelle wieder auflebt.