Bequem ist der Mensch, und überfordert

Es gibt doch nichts Schöneres, als jemand anderen für sich die Arbeit machen zu lassen – und wenn es sich dabei um die Zeit handelt. Vieles erledigt sich irgendwann ohne das eigene Zutun ganz von alleine, verläuft sich im Sande, verändert sich oder wird von anderen erledigt – und das sogar gerne und manchmal auch besser. Wird so etwas gezielt in die Wege geleitet, nennt man das „Delegieren“. Aber auch dem stillschweigenden Überlassen einer Aufgabe an den ihr innewohnenden Zerfallsprozess, an die Halbwertszeit ihrer Erledigung geht ein (meist unbewusst bleibender ) Entscheidungsprozess voraus, der die eigenen Kräfte und Ressourcen schonen will.

Dies aber geschieht bemerkenswerter Weise nicht da, wo uns die Aufgabe Spaß macht und leicht von der Hand gehen könnte. Abgegeben an einen anderen oder an einen unbestimmte zukünftigen Zeitraum wird vorzugsweise das, was Unbehagen bereitet, weil es unangenehme Gefühle und unabsehbar viel Zeit und Arbeit bereiten könnte. Sind wir auf eine Erledigung nicht ausreichend vorbereitet, gibt es im Grunde nur zwei Alternativen: Entweder uns selber ausreichend fit zu machen, oder es jemandem anderen zu überlassen. Ist so jemand nicht greifbar, buckelt man es dem breiten Rücken einer scheinbar unendlich geduldigen Zukunft auf. Da scheint es erst einmal gut aufgehobenen, zumal die Vorstellung,  sich etwa selber für die Erledigung fit zu machen, dem Wunsch nach maximaler persönlicher Bequemlichkeit widersprechen würde.

Einen guten Ausgleich zwischen (momentanem) Nicht-Können und (aufschiebendem) Nicht-Tun bietet die so genannte „Bedenkzeit“. Die altbewährte Methode der verzögerten Handlungsherbeiführung, indem man ganz bewusst eine Nacht darüber zu schläft, so dass mit der Zeit auch den Rat kommen kann, lässt alle Optionen offen, erhält das Bewusstsein der vollen Handlungsautonomie und erlaubt den inneren Kräften, sich an der unklaren Situation auf eine weniger kontrollierte Weise abzuarbeiten.