Was ist Prokrastination

"An der Quelle jedes großen Problems findet sich stets ein kleineres, dessen Lösung aufgeschoben wurde"

Prokrastination, Aufschieben und Vertagen kann manchmal eine kluge Strategie sein, erweist sich oft aber auch als unentschlossener oder auch ängstlicher Rückzug in den Schutzraum des Nicht-Entscheidens und Noch-nicht-Erledigens. Es lohnt sich also, genau hinzuschauen, ob der Prokrastinationsmodus wirklich gezielt gewollt wurde, und ob er tatsächlich nützlich ist. Oder doch mit ihm nur einem unentschlossenen oder unverstandenen Reflex gefolgt wird. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass es zwischen dem Vorhaben und seinem Erlediger nicht erkannte Verständigungs- oder Inkompatibilitätsprobleme gibt. Merke: Prokrastinieren ist zwar störend, aber nicht die „Störung“, wohl aber ein sehr starkes und zu hinterfragendes Symptom.

Pathologisch?

Nicht jeder Aufschieber, jede Aufschieberin muss behandelt oder therapiert werden. Ein bewusstes Aufschieben ist immer auch eine aus der Vielzahl jener Handlungsoptionen, über die wir Menschen grundsätzlich selbst und frei zu entscheiden haben.

Extremes und sich der Steuerbarkeit entziehendes Aufschieben kann, muss aber keineswegs bedenkliche oder pathologische Züge annehmen. Die Grenzen sind fließend, die jeweilige Bewertung eines nicht mehr beherrschten Aufschiebereflexes oder einer verselbständigten Erledigungsvermeidung erfordert entsprechend Erfahrung und fachliche Kenntnis. Wer unter seinem Aufschieben und den Folgen leidet, sollte auf jeden Fall für fachkundige Unterstützung sorgen.

Die Frage nach der Behandlungsnotwendigkeit beantwortet sich aus der Schwere des subjektiven Leidensgefühls, des Krankheitswerts, der Eigenschädigung wie auch der drohenden Schädigung mittelbar beteiligter Dritter aufgrund eines unkontrollierten aufschiebenden Verhaltens. Wir geben hierzu umfassende kostenfreie Beratung! (Sh. Orientierungsgespräch)

Denn:

Prokrastination kommt nicht „einfach so“, sie hat einen handfesten Hintergrund, und sollte deswegen als ein wichtiges Warnsignal verstanden werden.

Als Grundlage, Auslöser oder befördernder Faktor können und sollen ebenso psychische bzw. veranlagungsbedingte Elemente wie auch besondere Eigenheiten des vorliegenden Projekts oder auch unausgeglichene, divergierende Beziehungszustände überprüft werden, die nach fachkundiger Beachtung verlangen.

Solche Einflussgrößen können sehr unterschiedlich sein:

Mangelnde Impulskontrolle, AD(H)S, Aufmerksamkeitsstörung, Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten, Depression, Burnout, PTBS, Zwangs- und süchtiges Verhalten, pathologisches Horten, Anpassungsstörung, Oblomowerie unm. Aber auch somatische (körperliche) Auslöser wie Hypotonie (Blutunterdruck), Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüse), Entzündungen, Infekte, Long Covid, Schlafstörung u.a.

Was wird aufgeschoben?

Grundsåtzlich kann man natürlich alles aufschieben. Es gibt allerdings typische Anlässe, die bevorzugt zum Prokrastinieren verführen – weil die jeweiligen Erledigungen vielleicht mit unguten Gefühlen, Erinnerungen oder Erwartungen verbunden sind, oder weil sich gerade sehr verlockende Alternativen anbieten.

Bestimmte Aufschiebesituationen sind temporär und an bestimmte Lebens- oder Arbeitsgegebenheiten gebunden. Manche werden auch von der einen Situation zur anderen mitgenommen, weil sie eher persönlichkeitstypischer Natur und weniger themengebunden sind.

Im Allgemeinen wird unterschieden zwischen akademischer Prokrastination (der Drang zum Aufschieben im Rahmen von umfangreichen und nicht gut strukturierten Ausbildungsgängen), administrativer Prokrastination (oft verbunden mit Formularen, Behörden, Terminen), allgemeiner, nicht weiter spezifizierter Prokrastination, situativer Prokrastination (zu ihr gehört auch die euphorische Prokrastination) u.a.m.

Einen besonderen Stellenwert nimmt die  geriatrische Prokrastination ein, die den Betroffenen gegenüber der Klärung und Erledigung alterstypischer Notwendigkeiten entsteht. Aufschiebethemen sind dann etwa Selbst- oder Fremdvorsorge, Patientenverfügung, Nachlassregelung, Firmennachfolge. Sie betreffen dann ebenso die persönlichen wie die wirtschaftlichen Belange des alternden Menschen, und erstrecken sich bis auf die her Fragen der eigenen Sinngebung, die ja oft von dem Wunsch getragen wird, die gemachten Lebenserfahrungen weiterzugeben, und dabei die eigene Biografie zu ordnen. In Bezug auf eine gewünschte Generativität erweist sich die Befreiung der Alterskreativität als neuer Impulsgeber und ist daher immens wichtig.

Ketten-Prokrastination

Besondere Bedeutung verdient die Ketten-Prokrastination: Sie entsteht, wenn nicht mehr die ad-hoc-Erledigung einer Aufgabe aufgeschoben wird, sondern bereits die Inbetrachtnahme dieser Erledigung. Der Unterschied: Während bei der „normalen“ Prokrastination die kritische Erledigung durch bestimmte Trigger immer wieder aufs Neue sabotiert und verschoben wird, und dadurch ihre Bearbeitung wiederholt in die Nichtausführung verschoben wird, ruft bei der Ketten-Prokrastination bereits das zufällige Aufrufen einer gewissen Erledigung eine undifferenzierte, unkontrollierte Vermeidungsreaktion hervor, die sich oft sogar der bewussten Wahrnehmung entzieht. Das betreffende Projekt bleibt hinter einem „blinden Fleck“ verborgen, während das Vertagen bereits im vollen Gange ist.

In diesen Fällen werden ganze Gefühls- oder Gedankenketten übersprungen (die für eine bewusste und strukturierte Herangehensweise aufgerufen würden), ein momentaner kurzfristiger tranceähnlicher Zustand verhindert die klare Wahrnehmung, und ein körperlich hinterlegter Bewegungsablauf übernimmt einen ersetzenden bzw. überbrückenden Handlungsablauf. In sich geschlossene, für eine ordnungsgemäße Erledigung notwendige Handlungssequenzen werden dadurch verunmöglicht, dass die körperlichen Ersatzabläufe bereits als automatisiert abgespeichert sind. Ketten-Prokrastination kommt sehr häufig vor und ist dafür mit verantwortlich, dass ein einmal erworbenes Prokrastinationsverhalten weit über den vernunftgesteuerten Rahmen hinaus sich etablieren und fortsetzen kann.

Für ganz „normale“ Menschen

Heute suchen uns (sehr viel bereitwilliger und neugieriger als früher) bereits junge Menschen für eine Prokrastinationsberatung und -behandlung auf. Ebenfalls interessieren sich im Alter vorangeschrittene Menschen vermehrt dafür, wie sie die kommenden Jahre nun konsequenter und organisierter angehen können. Und es gibt Schwerpunkte.

Da sind zum einen Studierende in ihren besonderen Lebens- und Arbeitsumständen einer langen und nicht immer eindeutig strukturierten und ausgerichteten Ausbildung. Früher genossen sie die damals so genannte „Studentenkrankheit“ als die Freiheiten einer akademischen Prokrastination, die unter dem heute zu beklagenden wirtschaftlichen und Ergebnisdruck weit weniger Freude macht.

Menschen mit vielfacher Anforderung an die ihnen zur Verfügung stehende Zeit finden oft keine andere Lösung, als das, was nicht geschafft werden kann, vor sich herzuschieben und zu vertagen – und das ist, neben dem Dringende, leider oft auch das eigentlich und persönlich Wichtige.

In lebenszeitlichen Veränderungssituationen verlieren gewohnte Routinen oder Erledigungen ihren Sinn, so dass fast unbemerkt ein ständig wachsender Berg wartender Aufgaben und Entscheidungen sich unter dem imaginären Teppich auftürmt. Eine kleine Veränderungsanforderung kann dies alles dann schlagartig zutage fördern, und damit katastrophale Folgen auslösen.

In einem alltäglichen Doppelleben, das sich aufteilt zwischen strukturierter Arbeit und einer frei flottierenden übrigen Zeit,  kommt der privat zu organisierende Anteil oft zu kurz. Hiervon betroffen sind besonders Menschen in freien und selbständigen Berufen, in einsamer Führungs- und Verantwortungsposition: Abteilungsleiter, Bürovorsteher, Anwälte, Steuerberater, Ärzte, Piloten, Musiker, Schriftsteller (ob sie nun als Männer oder Frauen), die im strukturierten Arbeitsumfeld perfekt funktionieren, im Privaten jedoch ziel- und planlos bleiben – und prokrastinieren. Menschen, die sich als eingekeilt empfinden in rigiden Anforderungen und Gewohnheiten, die sich aber Freiräume schaffen, um dort sich dem Alltagsdiktat geradezu entziehen zu können.

Älter gewordenen Menschen, die nach einem bewegten Leben nun ein Mehr an Klarheit und Ordnung suchen, steht die große Anzahl der „losen Fäden“ ihrer vielen Aktivitäten im Wege: Lebenswege mit ihren Gräben und Aufschüttungen können nicht einfach eingeebnet werden. So bleibt Liegengebliebenes und Aufgeschobenes oft viel zu lange unberücksichtigt und als eine Art Endmoräne der hinter sich gelassenen Lebensabschnitte vertagt am Rande liegen.

Was immer wieder auffällt ist, dass  die eher schlauen, intelligenten, schnell denkenden Menschen besonders häufig anfangen zu prokrastinieren. Gerade jene, die in der Jugend und auch danach noch lange Zeit alles mit leichter Hand hingekriegt haben. Allerdings auch die, die das strukturierte Lernen nicht zu lernen brauchten. Und die eigentlich nie den selbstgeschaffenen Anteil am Erfolg nicht ab- und wertzuschätzen wussten. Sie sind in den späteren komplexen Lebenssituationen zwischen Selbst- und Fremdbestimmung verloren.

Aufgeschobenes wirkt geradezu magnetisch auf weiteres Aufschieben. Es ist nicht nur der angebliche Charakterzug des Zauderns, der sich fortsetzt, es ist auch eine sich selbst erzeugende und fortschreitende Verunmöglichung des Erledigens, sobald Schuld oder Scham erst einmal Einzug gehalten haben.

Für die direkt Betroffenen

Dies sind Menschen, die oft in einer Art von Angstreflex einer gewissen Tätigkeit oder Anforderung vorsorglich und selbstschützend aus dem Wege gehen, indem sie sie auf später, und dann weiter auf später verschieben.

Betroffen sind von solchem Verhalten auch all die Menschen, die unter den Folgen des Handlungsaufschubs leiden müssen.

Für die Mitbetroffenen

Tiefgreifend negative Konsequenzen, Einbußen in der Lebensfreude und der Zukunftsplanung, tiefreichende finanzielle oder auch existenzielle Sorgen aus dem Nichterledigten übertragen sich auf Ehe- und Lebenspartner, Familienangehörige, Team-Mitglieder, wirtschaftlich oder organisatorische Gruppierungen, auf all jene, die auf bestimmte Erledigungen vertrauen, weil ein gemeinsames Wohl und Vorankommen davon abhängt, und die oft viel zu spät erst merken, dass die erhoffte und unterstellte Loyalität nur dem äußeren Anschein nach gegeben ist, der wesentliche Anteil aber nicht beigesteuert wurde.

LEDZ GO!©

Prokrastinierende ebenso wie Mitbetroffene profitieren von unserem lösungsfördernden Persönlichkeit-Scan, den wir im Rahmen unseres pro-cras-Behandlungskonzepts anbieten. Im LEDZ GO!©-Scan wird das Triggerbündel der typischen  Prokrastinationsauslöser sorgfältig aufgeschnürt, strukturiert und Schritt für Schritt im praxisorientierten Coaching oder in therapeutisch angemessener Weise verarbeitet.

Prokrastinations-Gewohnheiten aufzulösen erweist sich als ein komplexen Anliegen, das mittels der Darreichung einfacher „Tipps und Tricks“ gelegentlich bedient, aber selten dauerhaft gemeistert werden kann. So bleibt Prokrastination oft eine lange nicht gelöste und immer wieder neu vorgelegte Aufgabe.

Das pro-cras-Konzept arbeitet an diesem Phänomen und seiner scheinbaren Unzugänglichkeit in sowohl forschender wie auch behandelnder Weise seit über 10 Jahren, und verfügt über eine umfangreiche theoretische und praktische Erfahrung, um die Hintergründe einer Aufschiebegewohnheit transparent und damit auch handhabbar zu machen. Mit dem Ziel, die Kraft des autonomen Entscheidens und Handelns aufrechtzuerhalten und zu stärken.

Kontakt: E-Mail: info@pro-cras.de, Tel. fix: 0211 9991656, Tel. mobil: 01520 9887966