Prokrastination und ihre Geschwister

Prokrastination kommt selten allein

Wo prokrastiniert wird, finden sich immer beachtenswerte Befindlichkeiten, die aus einer Aufmerksamkeitsstörung (AD(H)S), einer Depression oder depressiven Verstimmung, oder auch aus dem Älterwerden herrühren können.

AD(H)S …

Prokrastination ist ein Störungsbild, das in großer Bandbreite an innere seelische und äußerliche Widrigkeiten des praktischen Entscheidens und der damit einhergehenden Umstände gebunden ist. Umfang und die Art, wie zögerlich Aufgaben begonnen, durchgeführt oder beendet werden, sind oft ein Maßstab dafür, ob eine Beteiligung von AD(H)S vermutet werden kann. Tatsächlich ergibt sich aus einer nicht ausreichend behandelten Aufmerksamkeitsstörung (mit oder ohne übergroßem Bewegungsdrang) aufgrund der einhergehenden Desorganisation der zeitlichen und praktischen Abläufe fast zwangsläufig, dass gleichzeitig ein deutliches Prokrastinieren zu beobachten ist.

Umgekehrt erlaubt sich aber nicht der automatischen Rückschluss von einem aufschiebenden Verhalten auf ein gesichertes Vorhandensein einer AD(H)S. Die klinischen und diagnostischen Kriterien einer Aufmerksamkeitsstörung gehen über die des Aufschiebens deutlich hinaus. Und die Trigger für eine chronifizierte oder pathologische Aufschiebegewohnheit können sich durchaus auch außerhalb der neurobiologischen Mechanismen befinden.

Der Unterschied ist ein sehr pragmatischer

Die Diagnose einer AD(H)S, so misslich die dazu führenden Umstände auch sein mögen, hat den gewissen Vorteil, dass mit ihr eine medikamentöse und über die Kasse abrechenbare Behandlung möglich wird, die eine gewisse medizinische Anerkennung genießt, und mit deren Attestierung obendrein eine Berechtigung zu einem Nachteilsausgleich zum Beispiel in Prüfungssituationen ermöglicht wird.

Prokrastinierende, auch wenn es für sie chronisch, pathologisch, schädigend oder existenzgefährdend sein kann,  erhalten solche Begleithilfen nicht. Die Wege aus der Prokrastination müssen alleine gefunden und auch alleine bezahlt werden. Hier ist also ein noch um deutlich schwererer Weg zu gehen, der vielleicht (und als mögliche Genugtuung) bei seinem Gelingen durch einen besonderen Fortschritt in der eigenen Persönlichkeitsentwicklung geadelt wird.

… Depression …

Keine Lust heute, nicht mein Tag, lieber morgen, vielleicht auch übermorgen? Stimmungstief machen antriebslos. Normal, aber es kann dicker kommen: Konzentrationsmangel, angeknackstes Selbstwertgefühl, Projekte werden sich nicht zugetraut, nicht durchgehalten oder nicht zuende gebracht. Selbstzweifel bis zur Aufgabe dessen, was man sich eigentlich vorgenommen hat. Ein Teufelskreis baut sich auf aus dem Erleben ausbleibender Erfolgserfahrung und dem regelmäßigen Aufschieben solcher günstiger Erledigungen, die das gute Gefühl erst ermöglichen könnten. Prokrastination kann ein Indikator für Depression sein, und Depression verleitet leicht zum aufschiebenden Verhalten.

… und Alter …

Die Option des Aufschieben verliert sich im zunehmenden Alter nicht. Sie wird allenfalls flankiert, überdeckt oder auch verstärkt von ähnlichen Verhaltensweisen und Symptomen, die im Zusammenhang mit alterstypischen zusätzlichen Erkrankungen daherkommen. Schwächelnder Antrieb, körperlich Einschränkung, Müdigkeit, die Gewöhnung an Alkohol oder andere Substanzen zur Linderung von Druck und Sorgen zum Beispiel können den Drang zum Aufschieben weiter befördern, noch bevor erste Anzeichen einer Demenz-Erkrankung den Betroffenen irgendwann das Heft gänzlich aus der Hand nehmen und das Aufschieben zum Dauerzustand machen.

Lange vorher stehen noch wichtige Pojekte im Raum, die regelmäßig  aufgeschoben werden und jetzt aktiv angegangen werden sollten: die Regelung des letzten Willens, die Firmennachfolge, die Planung persönlicher Notfallsituationen. Oder weniger dramatisch: die „Unvollendete“ noch zuende bringen, nach Neapel fahren, eine WG gründen, ein Instrument lernen, sein ganz persönliches Apfelbäumchen pflanzen…

Alter schützt nicht vor Torheit, vor dem Aufschieben schon gar nicht. Lassen Sie uns daüber sprechen, wie Sie jetzt noch einmal „in die Pötte“ kommen – LEDZ GO!

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