Prokrastination kann sich als kluge Strategie oder auch als unfreiwilliger Rückzug in den persönlichen Schutzraum des Nicht-Entschiedenen, des dauerhaft Ambivalenten erweisen. Dabei ist solches Zaudern ebenso berechtigt wie ein beherztes Zupacken. Es lohnt sich, genau hinzuschauen, ob der aufschiebende Verzögerungsmodus wirklich gewollt und nützlich ist. Oder doch nur eine lästige Gewohnheit. Oft erscheint er als unbewusster Reflex, den sich junge Menschen manchmal ein Leben lang, auch bis ins hohe Alter bewahren.
Pathologisch?
Nicht jeder Aufschieber, jede Aufschieberin muss behandelt oder therapiert werden! Ein bewusstes Aufschieben gehört immer auch in die Vielzahl all jener Handlungsoptionen, über die wir Menschen grundsätzlich selbst und frei zu entscheiden haben.
Extremes und sich der Steuerbarkeit entziehendes Aufschieben kann, muss aber keineswegs pathologische Züge annehmen. Die Grenzen sind fließend, die jeweilige Bewertung eines nicht mehr beherrschten Schreckreflexes oder einer verselbständigten Erledigungsvermeidung erfordert entsprechend Erfahrung und fachliche Kenntnis.
Wer unter seinem Aufschieben und den Folgen leidet, sollte sich auf jeden Fall um fachkundige Unterstützung bemühen.
Die Frage nach der Behandlungsnotwendigkeit beantwortet sich aus der Schwere des subjektiven Leidensgefühls, des Krankheitswerts, der Eigenschädigung wie auch der drohenden Schädigung mittelbar beteiligter Dritter aufgrund eines unkontrollierten aufschiebenden Verhaltens. Wir geben hierzu umfassende kostenfreie Beratung! (Sh. Orientierungsgespräch)
Was wird aufgeschoben?
Grundsåtzlich kann man natürlich alles aufschieben. Es gibt allerdings typische Anlässe, die bevorzugt zum Prokrastinieren verführen – weil die jeweiligen Erledigungen mit schlechten Gefühlen, Erinnerungen oder Erwartungen verbunden sind, oder weil sich gerade sehr verlockende Alternativen anbieten.
Bestimmte Aufschiebesituationen sind temporär und an bestimmte Lebens- oder Arbeitsgegebenheiten gebunden. Manche werden auch von einer Situation zur anderen mitgenommen, weil sie eher grundsätzlicher Natur und weniger themengebunden sind.
Im Allgemeinen wird unterschieden zwischen akademischer Prokrastination (der Drang zum Aufschieben im Rahmen einer Ausbildungssituation), administrativer Prokrastination (oft verbunden mit Formularen, Behörden, Terminen), allgemeiner, nicht weiter spezifizierter Prokrastination, situativer Prokrastination (zu ihr gehört auch die euphorische Prokrastination) u.a.m.
Einen besonderen Stellenwert nimmt die altertypische oder auch geriatrische Prokrastination ein, die den Betroffenen gegenüber der Klärung und Erledigung letztendlicher Notwendigkeiten entsteht. Aufschiebethemen sind dann etwa Firmennachfolge, Selbst- oder Fremdversorgung, Patientenverfügung, Nachlassregelung oder Testament, sie betreffen dann ebenso das persönliche wie das wirtschaftliche Umfeld des alternden Menschen. Sie betreffen aber auch die vor sich her geschobenen Fragen der eigenen Sinngebung, die ja oft von dem Wunsch getragen wird, die gemachten Erfahrungen weiterzugeben, und dabei die eigene Biografie zu ordnen. In Bezug auf eine gewünschte Generativität erweist sich die Befreiung der Alterskreativität als Impulsgeber als immens wichtig.
Ketten-Prokrastination
Besondere Bedeutung verdient die Ketten-Prokrastination: Sie entsteht, wenn nicht mehr die ad-hoc-Erledigung einer Aufgabe aufgeschoben wird, sondern allein die Inbetrachtnahme der Erledigung. Der Unterschied: Während bei der „normalen“ Prokrastination die vor-sich-herzuschiebende Erledigung durch bestimmte Trigger immer wieder aufs Neue sabotiert und verschoben wird, und dadurch eine Bearbeitung wiederholt in die Nichtausführung umgeleitet wird, ruft bei der Ketten-Prokrastination bereits das zufällige Aufrufen einer gewissen Erledigung eine undifferenzierte, unkontrollierte Vermeidungsreaktion hervor, die sich meist der bewusstenWahrnehmung entzieht. Das betreffende Projekt versteckt sich hinter einem „blinden Fleck“.
In diesen Fällen werden ganze Gefühls- oder Gedankenketten übersprungen (die für eine bewusste und strukturierte Herangehensweise notwendig wären), ein momentaner kurzfristiger tranceähnlicher Zustand verhindert die klare Wahrnehmung, und ein körperlich hinterlegter Bewegungsablauf übernimmt einen ersetzenden bzw. überbrückenden Handlungsablauf. In sich geschlossene, für eine ordnungsgemäße Erledigung notwendige Handlungssequenzen werden dadurch verunmöglicht, dass die körperlichen Ersatzabläufe automatisiert wurden. Ketten-Prokrastination kommt relativ häufig vor und ist dafür mit verantwortlich, dass ein einmal erworbenes Prokrastinationsverhalten weit über den vernunftgesteuerten Rahmen hinaus sich etablieren und fortsetzen kann.
für ganz normale Menschen
Heute suchen uns (sehr viel bereitwilliger und neugieriger als früher) bereits junge Menschen für eine Prokrastinationsberatung und -behandlung auf. Ebenfalls interessieren sich im Alter vorangeschrittene Menschen vermehrt dafür, wie sie die weiteren Jahre nun konsequenter und organisierter angehen können. Und es gibt Schwerpunkte.
Da sind zum einen Studierende in ihren besonderen Lebens- und Arbeitsumständen einer langen und nicht immer eindeutig strukturierten und ausgerichteten Ausbildung. Früher genossen sie die damals so genannte „Studentenkrankheit“ einer akademischen Prokrastination, die unter dem heute zu beklagenden wirtschaftlichen und Ergebnisdruck weit weniger Freude macht. Heute wird dieses Phänomen zum Glück weit ernsthafter angegangen.
Menschen mit vielfacher Anforderung an die ihnen zur Verfügung stehende Zeit finden oft keine andere Lösung, als die, was nicht geschafft werden kann, vor sich herzuschieben – und das ist, neben dem Dringende, leider oft auch das eigentlich Wichtige.
In persönlichen oder lebenszeitlichen Veränderungssituationen verlieren alte Routinen oder Erledigungen ihren Sinn, so dass fast unbemerkt ein ständig wachsender Berg wartender Aufgaben und Entscheidungen sich unter dem imaginären Teppich auftürmt. Eine kleine Veränderungsanforderung kann dies alles dann schlagartig zutage fördern, und damit katastrophale Folgen auslösen.
In einem alltäglichen Doppelleben, das sich aufteilt zwischen strukturierter Arbeit und einer frei flottierenden übrigen Zeit, kommt der privat zu organisierende Anteil oft zu kurz. Hiervon betroffen sind besonders Menschen in freien und selbständigen Berufen, in einsamer Führungs- und Verantwortungsposition: Abteilungsleiter, Bürovorsteher, Anwälte, Steuerberater, Ärzte, Piloten, Musiker, Schriftsteller… ob sie nun als Männer oder Frauen ihren Platz im Arbeitsleben einnehmen, die dann im Privaten ziel- und planlos bleiben – und prokrastinieren. Menschen, die sich als eingekeilt empfinden in rigiden Anforderungen und Gewohnheiten, die sich aber Freiräume schaffen, um dort sich dem Alltagsdiktat geradezu entziehen zu können.
Älter gewordenen Menschen, die nach einem bewegten Leben nun ein Mehr an Klarheit und Ordnung suchen, steht die große Anzahl der „losen Fäden“ ihrer vielen Aktivitäten im Wege: Lebenswege mit ihren Gräben und Aufschüttungen können nicht einfach eingeebnet werden. So bleibt Liegengebliebenes und Aufgeschobenes oft viel zu lange unberücksichtigt und als eine Art Endmoräne der hinter sich gelassenen Lebensabschnitte vertagt am Rande liegen.
Was immer wieder auffällt ist, dass die eher schlauen, intelligenten, schnell denkenden Menschen besonders häufig anfangen zu prokrastinieren. Gerade jene, die in der Jugend und auch danach noch lange Zeit alles mit leichter Hand hingekriegt haben. Allerdings auch die, die das strukturierte Lernen nicht zu lernen brauchten. Und die eigentlich nie den selbstgeschaffenen Anteil am Erfolg nicht ab- und wertzuschätzen wussten. Sie sind in den späteren komplexen Lebenssituationen zwischen Selbst- und Fremdbestimmung verloren.
Aufgeschobenes wirkt geradezu magnetisch auf weiteres Aufschieben. Es ist nicht nur der angebliche Charakterzug des Zauderns, der sich fortsetzt, es ist auch eine sich selbst erzeugende und fortschreitende Verunmöglichung des Erledigens, sobald Schuld oder Scham erst einmal Einzug gehalten haben.
für die direkt Betroffenen
Dies sind Menschen, die oft in einer Art von Angstreflex einer gewissen Tätigkeit oder Anforderung vorsorglich und selbstschützend aus dem Wege gehen, indem sie sie auf später, und dann weiter auf später verschieben.
Betroffen sind von solchem Verhalten auch all die Menschen, die unter den Folgen des Handlungsaufschubs leiden müssen.
für die Mitbetroffenen
Tiefgreifend negative Konsequenzen, Einbußen in der Lebensfreude und der Zukunftsplanung, tiefreichende finanzielle oder auch existenzielle Sorgen aus dem Nichterledigten übertragen sich auf Ehe- und Lebenspartner, Familienangehörige, Team-Mitglieder, wirtschaftlich oder organisatorische Gruppierungen, auf all jene, die auf bestimmte Erledigungen vertrauen, weil ein gemeinsames Wohl und Vorankommen davon abhängt, und die oft viel zu spät erst merken, dass die erhoffte und unterstellte Loyalität nur dem äußeren Anschein nach gegeben ist, der wesentliche Anteil aber nicht beigesteuert wurde.
LEDZ GO!©
Prokrastinierende ebenso wie Mitbetroffene profitieren von unserem lösungsfördernden Persönlichkeit-Scan, den wir im Rahmen unseres pro-cras-Behandlungskonzepts anbieten. Im LEDZ GO!©-Scan wird das Triggerbündel der typischen Prokrastinationsauslöser sorgfältig aufgeschnürt, strukturiert und Schritt für Schritt im praxisorientierten Coaching oder in therapeutisch angemessener Weise verarbeitet.
Prokrastinations-Gewohnheiten aufzulösen erweist sich als ein komplexen Anliegen, das mittels der Darreichung einfacher „Tipps und Tricks“ gelegentlich bedient, aber selten dauerhaft gemeistert werden kann. So bleibt Prokrastination oft eine lange nicht gelöste und immer wieder neu vorgelegte Aufgabe.
Das pro-cras-Konzept arbeitet an diesem Phänomen und seiner scheinbaren Unzugänglichkeit in sowohl forschender wie auch behandelnder Weise seit über 10 Jahren, und verfügt über eine umfangreiche theoretische und praktische Erfahrung, um die Hintergründe einer Aufschiebegewohnheit transparent und damit auch handhabbar zu machen. Mit dem Ziel, die Kraft des autonomen Entscheidens und Handelns aufrechtzuerhalten und zu stärken.
Kontakt: E-Mail: info@pro-cras.de, Tel. fix: 0211 9991656, Tel. mobil: 01520 9887966