Riiisikooo!

Im Handeln und Entscheiden liegt immer auch das Risiko des Fehlers

Niemand macht gerne Fehler. Im Zweifelsfall wird daher das Aufschieben gerne als (Schein-)Lösung gewählt. Für alle sichtbar geschieht das offenbar besonders gerne in  Großprojekten wie Flughäfen oder Bahnhöfen, aber auch bescheidenere Projekte bleiben regelmäßig im Sumpf der Nichtentscheidung stecken. Die Einsetzung von kontroversen Planungskommissionen, Kontrollinstanzen und überschneidenden Kompetenzen leisten der Nichtentscheidung weiteren Vorschub. Aus der Entscheidungs- oder Handlungsohnmacht wird dann gerne eine besondere Art der Bequemlichkeit, die sich die Mühe der Wiederaufnahme des verlorenen Fadens nicht mehr machen will.

Hier kommen dann auch all die Unzulänglichkeiten, die naturgemäß jedem Projekt innewohnen, voll zum Tragen, dann gerne in immer neuen Ergänzungs- und Reparaturschleifen nachgebessert zu werden. Längere Zweifels- oder Abwägungszeiten bringen in der Regel aber keine besseren Ergebnisse, weil die Argumente meist schnell bekannt sind und nur noch immer neu diskutiert werden. Anders sieht es aus, wenn neue Parameter ins Spiel gebracht werden.

Die Vermeidung von vorschnellem Entscheiden und Handeln ist daher ein akzeptables Motiv für ein kontrolliertes Aufschieben. Wenn es beispielsweise darum ginge, eine eklige Kröte zu schlucken, hätte die Suche nach Alternativen berechtigten Vorrang.  Sollte dieser Akt aber sich als unvermeidlich erweisen, ist es nicht hilfreich, das Tier weiter intensiv zu begutachten, anstatt schnell und entschlossen zur Tat zu schreiten. Weiteres Zögern birgt ein erhöhtes Risiko, dass das unvermeidliche Vorhaben uns zu allem Übel noch im Halse stecken bleibt.

Der Punkt des „maximalen Grübelns“

Ihn hat der schweizerische Autor Rolf Dobelli („Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klaren Handelns“) in Hinblick auf seine schriftstellerische Erfahrung geschildert und auch in größeren, unternehmerischen Kontexten wiedergefunden. Gründliches und zeitintensives Nachdenken im Vorfeld einer Erledigung oder Entscheidung kann anfangs durchaus noch Erkenntnisgewinn bringen, der aber im Laufe der Zeit immer geringer wird, während die Risiken aus der Verzögerung spürbar ansteigen.

In seinem Artikel vom 22.4.2017 in der NZZ fasst er dies wie folgt zusammen“

Verglichen mit der Taschenlampe des Nachdenkens, ist das Tun ein wahrer Scheinwerfer.

Bevor also das Nachdenken über Prokrastination zu einer speziellen und nur noch intellektuellen  Variante des Aufschiebens wird, bevor das Grübeln zielgenau in die Perfektion führt, und bevor der Wunsch nach 100 %iger Risikovermeidung jede weitere Aktivität lähmt, empfehle ich einen mutigen Schritt nach vorn, der durch knappe aber gründliche Vorbereitung, begrenzte Schrittlänge und klare Zielsetzung sichernd flankiert wird.

Dies würde dann ein (erster) Schritt sein, der zwar auch dem Raumgewinn, in dieser Position aber vor allem dem bewussten  Umschalten vom Zögern zum Tun, und dem beglückenden Erleben des neugewonnen  Handlungsimpulses dient.