Prokrastinieren an der Uni und im Betrieb

Johannes Hoppe vom Institut für Psychologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

kommt in einer neuen Studie zu dem Ergebnis,  dass Studierende, die Abschlussarbeiten aufschieben, oft nicht einfach nur faul oder willensschwach sind, sondern dass sie manchmal einfach zu unkonkrete Aufgaben kriegen oder zu schlecht betreut werden.

http://www.deutschlandfunk.de/studie-zu-prokrastination-aufschieben-hat-selten-etwas-mit.680.de.html?dram:article_id=414960

In einem Interview erklärt Hoppe, dass nicht nur in der Person des/r Betroffenen, sondern auch in der erteilten Aufgabe bzw. dem Aufgabensteller der Keim zur Prokrastination angelegt sein kann:

„Was wir hinsichtlich des Umgangs mit Prokrastination bemängeln ist, dass die Ursache hierfür stets beim Individuum gesucht wird. Wir konnten nämlich zum Beispiel in unserer Studie zeigen, dass Studierende dann prokrastinieren, wenn sie Aufgaben haben, von denen sie nicht wissen, wie sie sie lösen sollen, weil sie vielleicht zu schwierig oder besonders komplex sind. Und wenn Studierende prokrastinieren, weil die Arbeitsaufgabe unklar formuliert ist, dann besteht die Gefahr, durch Selbstoptimierung nur die Symptome zu kurieren, aber nicht die eigentlichen Ursachen in Angriff zu nehmen. Und das kann dann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Menschen aus dem Teufelskreis aus Vermeidung und Aufschieben nicht mehr alleine herauskommen.“

Bevor dieser Teufelskreis sich aufbauen kann, d.h. bevor das Prokrastination chronisch wird, helfen praktische Maßnahmen der Zeit- und Projekteinteilung, der Kontrolle und der Gegenkontrolle, und vor allem der Bewusstmachung, dass das Aufschieben ein präsentes und durchaus jetzt und erfolgreich lösbares Problem darstellt.

Diese Beobachtung ist insgesamt auch auf die betrieblichen Formen des Prokrastinierens anzuwenden:

Unklar formulierte Aufgabenstellungen in Zusammenhang mit intransparenten Strukturen und unzugänglichen Hierarchien sind der ideale Nährboden für das (meist verdeckte) Aufschieben von Erledigungen, die nicht durch ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, einen eindeutigen organisatorischen und zeitlichen Rahmen, eine klar formulierte Verantwortlichkeit vermittelbare Sinnhaftigkeit, und ein vertrauensvolles System von Kontrolle und Gegenkontrolle begleitet sind.