Ein guter Einstieg

Wer darüber nachdenkt, ob er sich an das schwierige Geschäft heranmacht, eine ungute Gewohnheit abzulegen, fragt sich oft, an welcher Stelle er anfangen soll. Was er als erstes findet ist ein mögliches Hindernis, also gibt er schnell wieder auf. Bei der Aufschiebe-Gewohnheit gibt es auch solch einen ersten Stolperstein.

Er hat mit der eigenen Überzeugung der möglicherweise nicht ausreichenden Willenskraft zu tun. Dabei sollte man sich der vielleicht noch ungewohnten Erkenntnis öffnen, dass der Wille in aller Regel total überbewertet wird. Schauen wir ihn uns doch einmal aus der Nähe an.

Wille und die so genannte Willensstärke sind nicht eine gegebene Eigenschaft unseres Körpers oder unseres Charakters, sondern allenfalls ein Symptom, eine Ausdrucksform der Summe einzelner körperlicher und geistiger Befindlichkeiten. Wir erkennen das sehr deutlich, wenn wir uns klar machen, auf welch unterschiedliche Weise uns dieser Wille abhanden kommen kann, nämlich durch gegenläufige Emotionen, durch körperliche und vor allem geistige Überforderung und Erschöpfung, durch unerwartete Veränderung der äußeren Lage oder der inneren Beurteilung, durch ganz unterschiedliche Krankheiten, durch den Einfluss mancher Menschen etc. Was dann noch vom hochgelobten starken Willen übrig bleibt ist wohl eher mit Halsstarrigkeit zu bezeichnen – es sei denn, wir geben ihm ein ganzes Arsenal unterstützenden Maßnahmen an die Hand, die wir unter der Rubrik Tricks und Tricks finden.

Oder wir üben uns Flexibilität, mit der wir uns der veränderten Lage anpassen.

Wir können uns also tatsächlich von der falschen Überzeugung lösen, unser Wille reiche für unser Vorhaben womöglich nicht aus, und dies schon deshalb, weil der Wille in diesem Geschehen nur eine zweitrangige Rolle spielt.

Worauf also kommt es an?

Machen wir uns klar, dass die Entscheidung zwischen Tun oder Aufschieben immer das Ergebnis von Emotionssreuerung ist: Erledigungs-Management ist – noch vor aller organisatorischen Arbeit – immer und in erster Linie ein Emotions-Management.

Einfach und rein praktisch formuliert bedeutet das: Solange uns bei unserem Pronekt eine bestimmte oder auch nicht definierte Angst oder Befürchtung im Nacken sitzt, eine Wut steuert, eine Traurigkeit eintrübt, sind wir leicht geneigt, uns einem solchen drohenden emotionale Erleben lieber erst auf später stellen zu wollen. Deswegen ist der Hauptmotor der Prokrastination (trotz seiner Bedeutung des auf „morgen“ Verschiebens) zunächst einmal das NICHT JETZT!

Schon der Gedanke an eine solche „Lösung“ wirkt entspannend und erleichternd. Die ungute Emotion hat ganz schnell die Führungsrolle übernommen. Wenn wir eine andere, aktive Richtung einschlagen wollen, ist es infolgedessen vorrangig, die „geistige Führung“ auszutauschen gegen das, was uns gut tut und voran bringt: positive Erwartung, Hoffnung, Freude auf und über das zu erwartende Ergebnis, Selbstbestätigung, nachhaltige Vorteile.

Ein guter Einstieg in einen erfolgreichen Prozess der Aufschiebe-Vermeidung ist also eine kritische Innenschau auf die drohenden Negativtgefühle, deren Enttarnung und Austausch gegen all die freudvolle Gefühle, die wir mit der Erledigung unseres Themas verbinden.